Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.

Guten Abend.

Moin, wer sind Sie denn?

Ich bin der Bestatter. Ich war hier, um die Leiche abzuholen.

Bestatter, ich habe mich schon immer gefragt, wieso man sich gerade diesen Beruf auserwählt.

Ich könnte das nicht immerzu mit dem Tod konfrontiert sein.

Und was machst du hier? Du putzt hier?

Putzen? Nein, ich bin hier von der Tube, um die Tafel zu reinigen.

Aus der Tube, sagen Sie?

Von der Tube. Tafel-Unreinheiten-Beseitigungseinheit.

Das mag jetzt zwar einfach aussehen, aber es braucht eine dreijährige, exzellente Ausbildung dafür.

Kann nicht jeder. Wenn das ein Amateur macht, dann wird die Tafel nie so richtig sauber.

Und wenn dann einer was draufschreibt, das kann man keiner mehr lesen.

So, so. Ich sehe, Sie erfüllen die Voraussetzungen.

Sie bestatten quasi die alten Kreidekritzelein.

Ich denke, das kann man kaum vergleichen. Immerhin ist das hier nur leblose Schrift und leblose Zeichnungen.

Leblos, sagen Sie?

Nun, leblos sind die Körper doch auch, die ich hier abhole.

Ich glaube, Sie haben die falsche Perspektive.

Wir Bestatter haben die Aufgabe, Platz für etwas Neues, Lebendiges zu schaffen.

Ein wichtiger Job für das Leben.

Ohne dein Wischen kann kein neues Leben an den Tafeln entstehen.

Ich glaube einzig, dass du dich nicht mit dem Tod konfrontieren möchtest.

Hast du etwa Angst?

Naja, ich weiß nicht so recht.

Hm. Wenn ich dir anbieten würde, komm mal her, Junge.

Wenn ich dir anbieten würde, dein Leben würde nicht einfach enden,

sondern sich immer wieder in Endlosschleife wiederholen, was würdest du da sagen?

Naja, also wenn ich ewig leben könnte, aber auch ewig diesen Job hier machen müsste, ich weiß ja nicht.

Vielleicht ist es gut, dass das Leben dann doch irgendwann mal ein Ende hat.

Aber manchmal kommt es mir so vor, als rast die Zeit an mir vorbei,

wie ein viel zu schneller Porsche auf der Überholspur.

Und dann wünschte ich mir einfach, ich hätte mehr Zeit.

So, so, mehr Zeit?

Ja, so ein paar Jahre mehr noch.

Am besten noch ein paar Jahre mehr von der Jugend,

weil gerade die neigt sich doch viel zu schnell dem Ende entgegen.

Na, was für ein Zufall, dass ich ausgerechnet jetzt diesen magischen Keks dabei habe.

Er verleiht dir noch zehn weitere Jahre Lebenszeit.

Satan, du Elender!

Hier treibst du dich also herum und versprichst den Leuten ewiges Leben.

Lass dir nichts einreden, Junge.

Tief in seinem Herzen ist der Satanist.

Das Leben quält euch doch nur.

Ich gehe nicht darauf ein.

Oh Gott, das fliegt mir jetzt echt zu hoch.

Ich wollte doch eigentlich nur eine Tafel wischen.

Aber sieh nur, oh Göttin, wie gut er das gemacht hat.

Dafür hat er doch eigentlich ein paar mehr Jahre verdient, oder nicht?

Na, na, oh, das hast du aber schon ganz gut gemacht.